Nach den beiden Spaziergängen in der Innenstadt machen wir einige Abstecher auch in die sog. Vorstädte. Die Vorstadtteile von Sopron sind nach den über sie führenden Straßen benannt. Der östliche Stadtteil heißt Balfi, der nördliche Bécsi, der südliche Gyõri und der westliche Újteleki Stadtteil.

Der Balfi und Bécsi Stadtteil sind Vorstádte. Beginnen wir unseren Spaziergang am bereits bekannten Teil der Grabenrunde, in der vis á vis von der Mariensäule befindlichen Ikvahíd, die nichts anderes ist, als eine kleine Gasse. Der Neme weist darauf hin, daß die beiden Häuserreihen und auch die Fahrbahn auf einer Brücke durch den Bach Ikva aufgebaut sind. Der Ikva fließt hier unter den Häusern. Die Ikva-Brücke hieß einst auch Hospital-Brücke, da an der Stelle des heutigen Hauses Nr. 2 stand das Mittelalterliche Johannita-Hospital. Das Hospital wurde zusammen mit der daneben gestandenen St.Elisabeth-Kirche 1798 abgerissen.

Bevor wir nach rechts, in die Balfi Gasse einbiegen, werfen wir einen Blick an der Ecke auf die Statue der Heiligen Elisabeth, die einen Aussätzigen in der Hand hält. Das ist eine wertvolle Arbeit aus dem 18. Jahrhundert! Balfi Gasse. Sie ist eine der Linie des Ikva folgende, in geschlossenen Zeilen verbaute, einfache, von barocken Landwirthäusern umgebene, altertümliche, mit Kopfsteinen gepflasterte Gasse. Die Gasse wird bereits 1413, als Schrippergasse erwähnt. Diese Gegend gab ein Zuhause den die Weingärten der Umgebung der Stadt bewirtenden Weinbauern, den Poncichtern. Im einstöckigen Wohnhaus am Anfang der Gasse befindet sich die berühmte Privatsammlung Zettl-Langer. Am Ende der Gasse (ca. 2000 m weit) finden wir den 1886 eröffneten evangelischen Friedhof. Sein schönes Schmiedeeisentor stammt vom alten Friedhof in der Erzsébet Gasse. Von der Balfi Gasse führen mehrere kleinen Gassen in Richtung Innenstadt. Von ihnen kommt man durch die Bem Gasse zur Paprét (Pfarrwiese), wo erwähnenswert ist die erste städtische Turnhalle von Ungarn (1867), ihr gegenüber stand die Schokoladefabrik von József Weiss.

Mit der Balfi Gasse parallel verläuft die Halász Gasse. Der Name der Gasse wird bereits 1421 erwähnt. Hier ist das Gebäude des Voss-Waisenhauses zu sehen. Seine Dreifaltigkeitskapelle stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Das Altarbild ist ein schönes Werk von Dorfmeister aus 1772. In dieser Gasse stand jene Kaserne, wo Sándor Petõfi 1839 Soldat war. An der Stelle der Kaserne steht heute eine Schule.

Wenn wir bei der Ikvahíd nach links einbiegen, dann kommen wir durch die Szentlélek Gasse zum Sas Platz. Am Anfang der Gasse steht die in gotischem Stil gebaute Heiligengeist-Kirche. Sie wird 1406 zum ersten Mal erwähnt. Ihre heutige Form bekam sie 1782. Das Kircheninnere ist mit Fresken von Dorfmeister geschmückt. Das einfache, einstöckige Haus neben der Kirche ist das nach den Plänen von Vencel Hild gebaute Pfarrhaus, wo wertvolle Gemälden zu finden sind. In seinem Toreingang steht die lebensgroße Statue des St. Johann von Nepomuk.

Sas Platz. Ein kleiner Platz mit unregelmäßiger Form und mit Kleinstadtcharakter, der einst ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt war. Hier haben sich die Straßen aus Richtung Wien und Preßburg getroffen. Den Namen at er vom 1780 eröffneten Gasthaus Zum Schwarzen Adler bekommen, das im Haus Nr. 6 existierte. Die Fassade ist durch reiche Rokokopilaster gegliedert.

Vom Sas Platz erreichen wir durch die Fövényverem Gasse - wo das ehemalige Jesuitenkollegium, das "Colleum" (Fövényverem Gasse 5), sowie das Haus des Soproner Chronisten János Csányi (Fövényverem Gasse 5) beachtenswert sind - die wertvollste Gasse des Viertels, die Szent Mihály Gasse. In dieser zur Kirche hin steigenden und enger werdenden, sägezahnartig verbauten Gasse sind Landwirthäuser mit Dorfcharakter zu finden. Das ebenerdige Haus Szent Mihály Gasse 9, das "Zwei Mohren-Haus" ist ein selten schönes Beispiel der zum Volkstümlichen neigenden Barockarchitektur. Das Haus ist ein mit einem Tor verbundenen Doppelhaus. Das Tor ist von zwei korinthischen gedrehten Säulen umrahmt, mit je einer Mohrengestalt darauf. Über den Steinrahmenfenstern des Zwillinghauses sind die welligen Ränder der Giebel durch Engel geziert und auf den Gipfeln sind die Köpfe von St.Rochus und St.Florian zu sehen. In der Mitte des Giebels, in einer reich gemusterten Halbkreisnische steht die Statue von Maria und St.Joseph. Das Haus Szent Mihály Gasse 33 (Bild Nr. 23) ließ ein Mitglied der Steinmetzfamilie Unger 1727 bauen. In der Halbkreisnische mit gegliederter Umrahmung seiner Giebelfassade steht die Statue des St.Sebastian. In der Mitte des über seinem Tor laufenden Gesimses ist in einem Rosenkranz die Jahreszahl 1727 zu lesen. Auf dem höchsten Punkt der Stadt erhebt sich die St.Michael-Kirche (Bild Nr. 24). Über das heutige Gebäude gibt es bereits aus dem letzten Quartal des 13. Jahrhunderts Angaben, aber mit dem Bau hat man wahrscheinlich schon viel früher begonnen. Die heutige Form entstand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. An der Einweihung dürfte auch König Matthias teilgenommen haben. 1543 wollte man die Kirche wegen der Türkengefahr abreißen, ihre Priester haben sie aber gerettet. Ab 1565 wurde die Kirche von Katholiken und Protestanten gemeinsam benützt. Nach 1606 gehörte sie bis 1674 den Lutheranern, dann kam sie wieder in den Besitz der Katholiken. Das Kircheninnere wird durch wertvolle Bilder geschmückt. Herausragende Bedeutung hat die aus den 1460er Jahren stammende holzgeschnitzte Madonnastatue (Bild Nr. 25). Erwähnenswert sind die in der ganzen Länge de Hauptchors errichteten gotischen Sitznischen. Die drei schmuckvolleren waren die Sitzplätze für die den Gottesdienst zelebrierenden Pfarrer, die achtzehn einfacheren die die für die Altarpfarrer.

Im Kirchengarten finden wir eines der ältesten Gebäude von Sopron, ein berühmtes Beispiel des Überganges vom romanischen Stil in die Gotik, die Kapelle der Soproner Metzger des Mittelalters: die St.Jakob-Kapelle. Die Kapelle wurde sehr gründlich restauriert. In seiner Gruft hatte man die aus alten Gräbern hervorkommenden Knochen gesammelt. Derzeit wird sie als Aufbahrungshalle benützt.

Von der St.Michael-Kirche kommen wir durch die Bástya Gasse zur Bécsi Straße zurück. Bei unserem Spaziergang können wir noch die Reste der äußeren Stadtmauer sehen. Die Bástya Gasse mündet unterhalb des Krönungshügels in die Bécsi Straße. Auf dem Krönungshügel steht eine Gedenksäule dort, wo Ferdinand III. bei seiner Krönung am 8. Dezember 1625 die traditionellen Schwerthiebe durchführte. Seit dem Bau der Umfahrungsstraße ist das Gartenhaus Bástya Gasse 42, das sog. Regenschirmhaus, aus seiner ursprünglichen Umgebung herausgerissen zu sehen. Auf diesem Gebiet haben die reichen Bürger der Stadt auf Anregung von Kristóf Lackner kleine Gartenhäuser gebaut. Diese kleinen Häuser wurden in der Kurutzenzeit vernichtet, aber diese Tradition ist im 18. Jahrhundert wiedererwacht. In dieser Zeit entstand die Soproner Nachfühlung des chinesischen Pavillons von Fertõd (1800). Unweit des Regenschirmhauses steht das in den 1670er Jahren errichtete Mariazeller Kreuz, wo sich die zu einer Pilgerfahrt Aufbrechenden getroffen haben. Bei der Kreuzung der Bécsi Straße und der derzeitigen Patak Gasse stand das Wiener Tor der ehemaligen äußeren Stadtmauer. Im Tal vor dem Tor stand das Amphitheater der römischen Stadt, dessen Umriße auch heute noch wahrnehmbar sind. In Richtung Sas Platz spazierend gehen wir am ehemaligen Zollhaus (Bécsi Straße 30) und am Storno-Atelier (Bécsi Straße 25) vorbei. An der Mündung der Szélmalom Gasse steht seit 1930 das gotische Lénárt-Kreuz. In der Wand des Hauses Bécsi Straße 15 ist das Wappen des ehemaligen Wiener Tores eingemauert. Das einstöckige Wohnhaus Bécsi Straße 8 war wahrscheinlich das Zollhaus der Johanniten. Vis á vis steht die 1247 gebaute einschiffige St.Johann-Kirche. An der Stelle des Gebäudes daneben stand das Ordenshaus der sich 1247 in Sopron angesiedelten Johanniten. Bécsi Straße 6. Das Wohnhaus des in der zweiten Hälfte der 1800er Jahre gelebten ausgezeichneten Photographen Mihály Rupprecht. Bécsi Straße 5. Bäckermuseum. In diesem Haus sind die auf Wanderweg nach Österreich aufbrechenden Bäckerburschen abgestiegen. In seinen als Museum eingerichteten Zimmern sind eine Backstube aus dem 18. Jahrhundert und ein Geschäft zu sehen.

Das Kennenlernen der Stadt setzen wir im Újteleki und Gyõri Stadteil fort.

Die Entwicklung des Újteleki Stadtteiles hat sich nach den Eisenbahnbauten, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschleunigt. 1847 hat man mit dem Bau der das Plätzchen vor dem Újteleki Tor mit dem Südbahnhof verbindenden heutigen Kossuth Lajos Gasse begonnen. Ebenfalls vom Platz geht aus - und mündet in den Széchenyi Platz - die Rákóczi Ferenc Gasse. Die zum Ógabona Platz führende Újteleki Gasse wird schon 1426 erwähnt. Die zum GySEV-Bahnhof führende Erzsébet Gasse wurde nach der Auflassung des alten evangelischen Friedhofes, 1873 eröffnet. Ein typisches Werk der Stadtarchitektur des 19. Jahrhunderts. Der in Ost-West-Richtung verlaufende Deák Platz, der in den 1880er Jahren, nach Zuwölbung des Rák-Baches ausgebaut wurde, erlitt bei den Bombenangriffen im zweiten Weltkrieg schwere Beschädigungen. Am östlichen Ende des Platzes steht das Gebäude der ehemaligen Evangelischen Theologie, und an der westlichen Seite sind Denkmäler über den ersten Weltkrieg zu sehen. In der westlichen Ecke des Platzes befindet sich die Reformierte Kirche, ihr gegenüber ein Gebäude des Soproner Museums. Vor dem Museum stehen zwei vom alten Rathaus stammende Steinbilder, die Symbole der Gerechtigkeit darstellen. Die 1890 in klassizistischem Stil gebaute Lenk-Villa beherbergt seit 1913 das Museum. Derzeit existiert eine volkskundliche Sammlung und Ausstellung hier. In seinem Garten, im Zaun eingebaut, sind auch die schönsten Grabsteine des alten evangelischen Friedhofes aus dem 17.-18. Jahrhundert zu sehen. Die Gyõri Vorstadt können wir von der Grabenrunde ausgehend durch die Ötvös bzw. Móricz Zsigmond Gasse besichtigen. Beim Zusammentreffen der beiden Gassen beginnt die Magyar Gasse, die ihren Namen davon bekommen hat, daß man durch sie zum von Ungarn bewohnten Gebiet gelangen konnte. Die Magyar Gasse entlangspazierend gelangen wir zum Kõfaragó Platz. Der Platz entstand vor der Gyõri Gasse oder vor dem Magyar Tor. Auf dem Platz kann man das klassizistische Kleine Komitatshaus sowie die barocke Statue des St. Johann von Nepomuk besichtigen. An der Ecke des Platzes und der Magyar Gasse wurde eine Säule des Magyar Tores aufbewahrt. Vom Kõfaragó Platz aus können wir durch den Fapiac zum Kurutzenberg kommen. Beim Spaziergang können wir die jüngste Kirche von Sopron, die St.Stephan-Kirche sehen. Mit den auf dem Kurutzenberg aufgestellten Kanonen hatten 1705 die Kurutzen von János Bottyán die Stadt beschossen. In der ersten Hälfte der 1800er Jahre wurde auf dem Gipfel des Hügels die architektonisch interessante Windmühle aufgebaut. Von der in Fortsetzung des Fapiac liegenden Híd Gasse geht die Lehár Ferenc Gasse aus, in deren Haus Nr. 5 der Komponist Franz Lehár seine Kindheit verbrachte. Vom Fapiac zweigt in westlicher Richtung die der äußeren Stadtmauer parallel folgende Pócsi Gasse. Durch sie kommen wir wieder zur Magyar Gasse zurück.


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